Montag, 16. Oktober 2017

[Rezension] Die Welt, wie wir sie kannten von Susan Beth Pfeffer

Titel: Die Welt, wie wir sie kannten
Autor: Susan Beth Pfeffer
Sprecher: Stefanie Stappenbeck
Genre: Jugendbuch, Dystopie
Erscheinungsdatum: 19.02.2010
Hörzeit: 6 Stunden, 37 Minuten
Verlag: Silberfisch
Format: Hörbuch
Fassung: Gekürzt
ISBN-13: 978-3867420655
Originalpreis: 24,95€

Kurzbeschreibung: 
Miranda sehnt den Sommer herbei, weil sie endlich ihren Führerschein machen will. Aber bevor die Schulferien beginnen, gilt es noch, bei einem Großereignis dabei zu sein: Ein Meteor wird mit dem Mond kollidieren und die ganze Welt fiebert diesem Tag erwartungsvoll entgegen! Womit Miranda ebenso wenig rechnet wie alle anderen Menschen: Der Zusammenprall verschiebt den Mond ein wenig. Die Folgen sind grässlich: Überschwemmungen, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis - und das Ende aller Gewissheiten. Die Welt, wie Miranda und wir sie kennen, gibt es nicht mehr! Jeder ist auf sich allein gestellt. 

Meinung:
Dieses Buch hatte ich schon beim Erscheinen im Blick – trotzdem hat es sieben Jahre gedauert bis ich mich endlich daran herangewagt habe. Der Klappentext ist so vage, dass man sich im Grunde jeglichen Handlungsverlauf vorstellen kann. Ich selbst hatte dabei eine Mischung aus der Serie „Revolution“ und den typischen Überlebenskämpfen bei Zombieapokalypsen im Kopf – nur eben ohne Zombies. Aber Menschen können ja genauso grausam sein. Aber irgendwie kam es dann doch ganz anders als erwartet.

Miranda ist ein ganz normales Mädchen mit ganz normalen Wünschen und den üblichen Launen eines Teenagers. Ihre Wünsche verpuffen allerdings schlagartig, als der Meteor den Mars verschiebt und dieser ganz plötzlich näher an der Erde ist. Der Roman geht gemächlich los und erklärt erst einmal groß und breit den bevorstehenden Meteoriteneinschlag. Dadurch fühlt man sich letztendlich auch näher dabei, weil man das Grauen selbst miterlebt. Die weitere Handlung war überraschend strukturiert, aber dennoch nicht weniger spannend – zumindest bis zu dem Punkt, an dem sich die Geschichte eingespielt hat und nicht richtig vorankommt. Aber das liegt an der Gesamthandlung. Für Miranda und ihre Familie geht es in diesem Roman ums Überleben – und zwar mit realistischen Mitteln. Dies geht letztendlich so weit, dass der Leser wirklich mitfiebert, ob sie den Winter überstehen werden. Dadurch, dass das Setting sich im Grunde nie verschiebt, steht man ein bisschen auf der Stelle, aber es passieren trotzdem immer wieder Dinge, die der Familie zu schaffen machen. Manchmal sind sie es auch selber, die die Probleme verursachen. Und da wären wir dann schon bei meinem größten Kritikpunkt: Teenagerlaunen. Es mag glaubwürdig sein, dass sich Mutter und Tochter öfter angehen und streiten. Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden. Aber irgendwann kommt man an die Grenze, an der es nur noch übertrieben wirkt und die Protagonistin damit auch an Sympathie verliert. Obwohl es absolut irrational ist, zettelt sie immer wieder Streit an.

Als Charakter ist das nicht schlimm, sondern menschlich. Es ist auch ein gutes Mittel, um Miranda nicht als perfektes Engelchen dastehen zu lassen. Aber es ist kein gutes Mittel, wenn man es so oft einsetzt, dass die Streitereien bereits sinnlos wirken. Miranda war ein ganz verträglicher Charakter, aber diese Zwiste haben sie mir doch etwas madiggemacht. Die Mutter ist auch kein Sonnenschein, aber wirkt dabei wenigstens nicht überspitzt. Während es bei Miranda manchmal der Trotz eines Kleinkindes zu sein scheint. Vielleicht sollte damit betont werden, dass sie gerade in der Pubertät steckt, da ihre Brüder sich vergleichsweise normal verhalten, aber mich hat es gestört. Ansonsten waren die Charaktere aber insgesamt in Ordnung. Man erfährt stückchenweise mehr über die Familienmitglieder und bekommt dadurch ein Bild von ihnen.

Stefanie Stappenbecks Stimme passt ziemlich gut zu Miranda. Anfangs muss man sich erst daran gewöhnen, allerdings schafft sie es, der Protagonistin den nötigen jugendlichen Klang zu verleihen. Es war auch sehr einfach, Dialoge und Handlung auseinander zu halten. Der Schreibstil der Autorin wiederum ist eingängig und leicht lesbar. Miranda erzählt aus der Ich-Perspektive und in Tagebuchform. Konzentriert wird sich dabei vor allem auf Mirandas persönliche Gedanken und Sicht auf die Dinge. Daher ist auch der Fokus eher auf die Familie als den Weltuntergang selbst gerichtet. Das ist gleichzeitig etwas schade, aber auch eine kluge Wahl, da man dadurch das ganze Geschehen besser aufnehmen kann.

Dieser Roman ist mal eine andere Herangehensweise an den Weltuntergang und trotzdem nicht weniger charismatisch. Die Idee kann auf jeden Fall punkten, auch wenn ich mit mehr Chaos gerechnet hätte. Aber die Probleme haben hier einfach einen anderen Schwerpunkt. Manches war für mich ein bisschen zu sehr abgehandelt, aber hat für den Roman Sinn gemacht. Zum Beispiel Mirandas kleine Romanze, die sich anders entwickelt als geplant – und damit für mich sogar ein Pluspunkt war. Obwohl es durchaus einige disharmonische Elemente gibt, zieht der Roman einen doch in seinen Sog, weil man wissen möchte, wie die Geschichte für Miranda und ihre Familie endet. Das Ende war dabei auch gleichzeitig überraschend und zu erwarten, aber deshalb nicht schlechtgemacht.

Fazit:
„Die Welt, wie wir sie kannten“ ist ein gutes Jugendbuch, wenn man sich mit realistischen Varianten des Weltuntergangs auseinandersetzen möchte. Es ist allerdings nicht so gut, wenn man keine Lust auf einen zickigen Protagonisten hat, der nur aus Sturheit andauernd auf seiner Meinung besteht. Nichtsdestotrotz war es ein interessantes Hörvergnügen.

Inhalt: 4/5
Charaktere: 4/5
Sprecher: 4/5
Hörspaß: 4/5

Gesamt:

Mittwoch, 4. Oktober 2017

[Rezension] Das Schicksal ist ein mieser Verräter von John Green

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Autor: John Green
Sprecher: Jodie Ahlborn
Genre: Jugendbuch
Erscheinungsdatum: 08.05.2014
Hörzeit: 7 Stunden, 1 Minute
Verlag: Silberfisch
Format: Hörbuch
Fassung: Ungekürzt
ISBN-13: 978-3-8449-1127-5
Originalpreis: 20,95€

Kurzbeschreibung: 
Die 16-jährige Hazel hat Krebs. Aber sie will auf gar keinen Fall bemitleidet werden und kann mit Selbsthilfegruppen nichts anfangen. Bis sie genau dort auf den intelligenten, gut aussehenden und umwerfend schlagfertigen Gus trifft. Der geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander – trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Gemeinsam erfüllen sie Hazels großen Traum und fliegen nach Amsterdam. 

Meinung: 
Um ganz ehrlich zu sein, habe ich mir von diesem Buch nicht viel versprochen. John Green hat sich als Autor wirklich gut gemausert und ein Buch nach dem anderen scheint ein Kassenschlager zu sein. Hinzu kommen noch die Verfilmungen seiner Bücher. Warum ich skeptisch war? Naja, Liebesgeschichten sind ja eh nicht so mein Fall und bei Krebsgeschichten kommt immer auch ein bisschen der Mitleidbonus zum Tragen. Ja, das ist ein Vorurteil, aber es ist berechtigt. Ein Buch zu verreißen, in dem es um Krebs geht, ist viel schwieriger als eines über glitzernde Vampire.

Da besteht allerdings gar kein Grund zur Sorge. Das Buch ist mitnichten perfekt, aber verströmt einen gewissen Sog. Im Mittelpunkt stehen Hazel und Augustus, die beide Krebs haben und sich einander annähern. Augustus ist für Hazel seit langem der erste Lichtblick und zusammen mit ihrem gemeinsamen Freund Izaac wird eine Geschichte rund um ihren Alltag gewoben. Dass dabei nicht alles alltäglich bleibt, ist klar. Etwas suspekt war mir die Tatsache, dass die Charaktere ständig mit Buchzitaten um sich werfen als hätten sie das ganze Buch auswendig gelernt – was nun wirklich nicht sonderlich realistisch ist. Dennoch gefiel mir gerade die Bücheraffinität der Charaktere, die im Roman ja auch einen wichtigen Stellenwert hat und zu dem ein oder anderen bedeutenden Ereignis führt. Auf jeden Fall fühlt sich die Geschichte von Hazel und Gus verdammt echt an. Vielleicht ein bisschen kitschig, aber trotzdem authentisch. Das Ende war insgesamt recht vorhersehbar, aber dennoch berührend.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der jungen Hazel erzählt. Krebskrank, aber dennoch tapfer. Sie weiß, dass sie sterben wird, aber dennoch geht sie mit ihrem Schicksal so gut um wie es ihr möglich ist. Und dabei verhält sie sich trotzdem wie eine Jugendliche. Augustus wiederum war mir erstmal suspekt, aber er ist so ein Charmebolzen, das man ihn trotzdem schnell ins Herz schließt, auch wenn er so seine Macken hat und manchmal etwas übertrieben kitschig war. Die beiden geben auf jeden Fall ein süßes Paar ab. Izaac als ihr Freund stört dabei kein bisschen und schafft es der Geschichte noch ein bisschen mehr Realismus zu verleihen. Auch die Eltern sind allesamt gut getroffen. Ein ganz besonderer Charakter in diesem Buch ist außerdem Peter van Houten, Autor von Hazels Lieblingsbuch „Ein herrschaftliches Leiden“. Diese Person hat so viele Gefühle in mir ausgelöst. Bei seinem ersten Auftritt musste ich das Hörbuch sogar kurz unterbrechen, weil ich sprachlos war.

Ich habe die ungekürzte Version mit Jodie Ahlborn als Sprecherin gehört, die ihre Arbeit sehr gut macht und allen auftretenden Figuren einen eigenen Charakter verleiht. Sie hat es auch geschafft Greens speziellen Humor einzufangen. Dieser zieht sich durch das ganze Buch und macht es zu einem besonderen Krebsbuch, weil es eben nicht nur finster und depressiv ist, sondern es auch viele Lichtpunkte gibt. Dabei steht vor allem auch jugendliche Sprache im Mittelpunkt, die aber nicht aufgesetzt wirkt. Schwierig finde ich allerdings die Tatsache, dass Green in seiner Danksagung offen zugibt, dass er die Krankheit nur fiktiv behandelt hat und sich nach Gutdünken selbst zurechtgebastelt hat. Das ändert nichts daran, dass der Roman dennoch tragisch ist, relativiert allerdings einiges. 

Insgesamt hat mich der Roman sehr positiv überrascht und tatsächlich begeistern können. An manchen Punkten verläuft die Handlung zwar etwas holprig und manchmal wirken die Abläufe etwas konstruiert, aber im Gesamtpaket ist es ein schöner Roman, auf den man sich einfach einlassen muss – und bedenken, dass er sich an Jugendliche richtet, die ja nicht so dazu neigen, jeden Satz bis ins kleinste Detail zu analysieren. Das Ende hat mich etwas irritiert, da es so abgehackt war, konnte aber dennoch überzeugen. „Krebsbücher sind doof“ trifft hier absolut nicht zu. Auch wenn man es sich vielleicht noch einmal überlegen sollte, das Buch zu lesen, wenn man selbst bereits mit dem Thema in Berührung kam, da es durchaus sehr an die Nerven gehen kann.

Fazit: 
„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ zeichnet sich durch seine gleichzeitige Leichtigkeit und Schwere aus. Die Figuren dringen tief zu einem durch und sind mehr als blasse Schemen. Die Thematik ist schwierig und in diesem Buch auch auf mehreren Ebenen kritisch zu betrachten, aber insgesamt wirklich gut umgesetzt – als Buch, das zum Nachdenken andenken soll.

Inhalt: 4/5
Charaktere: 4/5
Sprecher: 4/5
Hörspaß: 5/5

Gesamt:

Dienstag, 3. Oktober 2017

[Reread] Das Zeitalter der Fünf - Magier von Trudi Canavan

Titel: Magier
Reihe: Das Zeitalter der Fünf
Band: 2
Autor: Trudi Canavan
Genre: Heroische Fantasy
Erscheinungsdatum: 10.12.2007
Seiten: 800
Verlag: Blanvalet
Format: Taschenbuch
ISBN-13: 978-3-442-24483-6
Originalpreis: 9,95€

Kurzbeschreibung: 
Auraya hat einen großen Sieg errungen, doch dieser Triumph beschert der jungen Priesterin Nacht für Nacht Alpträume. Und Leiard, der einzige Mensch, der ihr Leid lindern könnte, ist spurlos verschwunden. Als Auraya ausgeschickt wird, um die Opfer einer mysteriösen Krankheit zu heilen, erfährt sie schließlich, dass der Traumweber Leiard seinerseits mit schlimmen Erinnerungen zu kämpfen hat … 

Meinung: 
Nachdem ich ja den ersten Band als Hörbuch genießen durfte, habe ich den zweiten wieder klassisch selbst gelesen. Und gerade in diesem Teil geht es langsam wieder los mit den interessanten Hintergrundgeschichten. Die meisten Charaktere hat man mittlerweile gut kennengelernt, ein paar lernt man neu kennen. Und währenddessen verstricken sich die altbekannten Charaktere in tiefere und komplexere Handlungsstricke. Statt Tryss von den Siyee verfolgen wir diesmal die Erlebnisse der Elaiprinzessin Imi. Für mich persönlich war das allerdings einer der weniger interessanten Perspektiven. Neben Imi lernen wir auch Reivan kennen, eine angehende Pentadrianerin. Ansonsten nehmen vor allem Auraya, Leiard und Emerahl wieder den größten Teil des Romans ein und dabei kommt es zu der ein oder anderen Entdeckung. Gerade der Cliffhanger am Ende des zweiten Bandes ist wirklich fies. Während ich zugeben muss, dass Auraya in diesem Teil leider etwas im Hintergrund bleibt und eher passiv agiert, steht vor allem Leiards Entwicklung im Vordergrund und die vollzieht sich wirklich schlüssig. Insgesamt habe ich mich wieder sehr gefreut, erneut in Nord- und Südithania eintauchen zu können. Man kann hier natürlich nicht mit rasanten Handlungssträngen rechnen, aber dafür sind diese umso tiefgründiger.

Fazit: 
Im Grunde kann ich nur noch einmal auf meine Worte zum ersten Band verweisen: Die Reihe mag ein schlechtes Image haben, aber ist absolut einen Versuch wert. Die Charaktere sind liebenswürdig, Canavans Schreibstil großartig, der Weltenbau bombastisch und die Handlung durchaus originell - wenn auch leider an manchen Stellen durchsichtig. Gerade Fantasy-Fans kann ich die Reihe echt nur ans Herz legen.

Inhalt: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Schreibstil: 5/5

Gesamt:

Montag, 2. Oktober 2017

[Rezension] Aquila von Ursula Poznanski

Titel: Aquila
Autor: Ursula Poznanski
Sprecher: Laura Maire
Genre: Thriller
Erscheinungsdatum: 14.08.2017
Hörzeit: 11 Stunden, 53 Minuten
Verlag: der Hörverlag
Format: Hörbuch
Fassung: Ungekürzt
ISBN-13: 978-3-8445-2705-6
Originalpreis: 16,99€

Kurzbeschreibung: 
Als Nika an einem Sonntagmorgen ziemlich verkatert in den Badezimmerspiegel schaut, steht dort diese Nachricht. Wer hat sie an den Spiegel geschmiert? Und was hat sie zu bedeuten? Wo sind Nikas Hausschlüssel und ihr Handy? Wo ist Jenny, ihre Mitbewohnerin? Und warum ist ihr heute überhaupt so schlecht, sie hat doch gestern gar nicht viel getrunken? Erst durch die Morgennachrichten im Fernsehen erfährt Nika, dass heute gar nicht Sonntag ist, sondern Dienstag. Ihr fehlt die Erinnerung an zwei ganze Tage, in denen irgendetwas Schreckliches passiert sein muss. Aber was? 

Meinung: 
Nachdem mich bereits andere Thriller der Autorin begeistern konnten, hat mich „Aquila“ ebenfalls sehr gereizt. Das Cover ist ein wirkliches Augenschmankerl. Ich muss allerdings sagen, dass ich dabei immer zuerst an den deutschen Adler denke – und nicht an Siena. Wie auch schon bei „Elanus“ hält man hier eine Papphülle in der Hand, was deutlich praktischer ist als die leicht zerbrechlichen Plastikhüllen. Enthalten ist eine CD mit 227 Tracks, die auf 36 Kapitel aufgeteilt werden. Die Kurzbeschreibung lässt erstmal viel Spielraum zum Fantasieren und so tappte ich auch in die Falle und habe dabei an völlig andere Handlungsmuster gedacht.

Aber Poznanski ist dabei viel cleverer. Nie wäre ich darauf gekommen, was am Ende der Geschichte herauskommt. Der Anfang ist zunächst verwirrend, aber das macht Sinn, da die Protagonistin selbst verwirrt ist und nicht den Hauch einer Ahnung hat, was passiert ist – oder dass überhaupt so viele Tage vergangen sind. Schließlich versucht sie die vergessenen Tage wieder zusammen zu puzzeln, aber das ist gar nicht so einfach und vor allem warten noch ein paar erschütternde Erkenntnisse auf sie. Mir persönlich kam die Offenbarung dabei etwas zu früh, was aber daran lag, dass man es schnell kommen sehen kann – zumindest ungefähr. Aber trotzdem hat die Autorin hier wieder einen wirklich guten Roman abgeliefert. Nika weiß nicht, wem sie trauen kann und das wird wirklich perfekt vermittelt. Gleichzeitig ist sie aber auch etwas naiv und offenbart sich dann doch dem ein oder anderen. Und da wären wir dann auch bei der obligatorischen Liebesgeschichte, die mir zwar anfangs etwas zu aufgesetzt wirkte, aber insgesamt dann doch sehr schlüssig konstruiert wurde. Besonders gut an diesem Buch ist die Tatsache, dass Poznanski alle Informationen Stück für Stück serviert und in Nika nur langsam wieder Erinnerungen aufkommen. Die Spannung reißt dabei nicht ab und wird immer wieder auf den Gipfel getrieben. Gepaart mit Nikas Verzweiflung ergibt dies eine sehr intensive Mischung. Die letztendliche Auflösung war wie gesagt sehr überraschend, aber gleichzeitig auch wieder ein bisschen zu sang- und klanglos. Da hat mir einfach dieser „Wow“-Effekt gefehlt. So fügt sich das Puzzle zwar 1:1 zusammen, aber halt nicht nach.

Authentisch wirken die Charaktere allesamt, sympathisch nicht alle, aber das sticht eher positiv heraus. Nika stellt die typische deutsche Auslandssemestlerin dar, die sich dort noch zurechtfinden muss. Italienisch kann sie so gut wie gar nicht und so hat sie natürlich ideales Identifikationspotenzial. Die Sache mit den fehlenden zwei Tagen grätscht da zwar ein bisschen rein, aber das ist nicht schlimm. Sie ist insgesamt recht sympathisch, wenn auch scheinbar wirklich überempfindlich und sensibel. Die anderen Charaktere haben sich insgesamt sehr schlüssig verhalten. Gerade der Commissario hat mir sehr gut gefallen.

Laura Maire war wirklich eine grandiose Sprecherin. Hut ab! Erst durch sie wurden das Setting und Nika lebendig. Personenwechsel gehen ihr dabei ganz locker von der Hand (bzw. Stimme) und Erzähltext und Dialoge verschwimmen bei ihr nie. Gerade auch die italienischen Akzente hat sie gut getroffen. Poznanskis Schreibstil tut dabei natürlich sein Übriges. Die Autorin zeigt hier wieder wie lebendig und bildlich sie erzählen kann. Die Spannung blieb zwar an manchen Stellen etwas auf der Strecke, aber dies macht gerade die hingebungsvolle Ausschmückung der Charaktere und des Settings wieder wett. Die gedrückte Atmosphäre durchdringt einen jedenfalls förmlich.

„Aquila“ erinnert mich hier ein bisschen an „Elanus“. Ersteres gefällt mir zwar einen Tick besser, aber trotzdem konnte mich die Autorin nicht komplett überzeugen. Die Auflösung war dafür schon fast zu perfide. Und vor allem auch teilweise vorhersehbar, in welche Richtung sich der Roman schlagen würde. Es hat trotzdem Spaß gemacht, der Sprecherin zuzuhören und mit Nika langsam hinter die Verstrickungen der zwei fehlenden Tage zu kommen. Wie immer fand ich gerade die Charaktere, die wie aus dem Leben gegriffen wirken, am besten. Gefehlt hat mir etwas die besondere Thematik, die die Autorin sonst immer in ihre Romane einbindet. Ein Auslandssemester ist zwar spannend, aber da Nika dabei so passiv bleibt, verzerrt sich der Effekt.

Fazit:
„Aquila“ bietet dem Leser – oder Hörer – definitiv wieder ein wunderbares Vergnügen, gerade auch wenn man sich ein bisschen für Italien interessiert. In die Protagonistin Nika kann man sich recht schnell einfühlen. Die Sprecherin Laura Maire trägt dazu bei, dass man gar nicht mehr aufhören möchte das Hörbuch zu verschlingen.

Inhalt: 4/5
Charaktere: 4/5
Sprecher: 5/5
Schreibstil: 5/5
Hörspaß: 5/5

Gesamt: